Skip to content

Geschäftsjahr 2023

Vorwort

Hochschulratspräsident Dr. Hans Peter Märchy und Rektor Prof. Dr. Gian‑Paolo Curcio reflektieren das vergangene Geschäftsjahr und blicken auf künftige Entwicklungen.

In vielerlei Hinsicht blicken der Präsident des Hochschulrates der Pädagogischen Hochschule Graubünden Dr. Hans Peter Märchy und der Rektor Prof. Dr. Gian-Paolo Curcio auf ein bewegtes, anspruchsvolles und ebenso erfolgreiches Jubiläumsjahr 2023 zurück. Gleichzeitig steht die PH Graubünden in den kommenden Jahren vor mannigfaltigen Herausforderungen, für welche die Institution für Lehrerinnen- und Lehrerbildung im Kanton Graubünden adäquate und innovative Lösungen entwickeln wird – und zwar unter Einbezug ihrer Anspruchsgruppen.

20 Jahre PH Graubünden – ein Blick zurück

20 Jahre Pädagogische Hochschulen in der Schweiz bedeutet Aufbau und Etablierung eines neuen Hochschultypus in der Bildungslandschaft. Die in den 1990er-Jahren vorbereitete und nach der Jahrtausendwende umgesetzte Reform der Tertiarisierung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung und die damit einhergehende Gründung der Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz sind der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Was für die Schweiz im Allgemeinen gilt, trifft ebenso für den Kanton Graubünden zu.

Am 20. Oktober 2003 nahm die PH Graubünden mit insgesamt 59 Studierenden den Studienbetrieb auf. Es war ein bedeutsames Ereignis. Aus diesem Grund wurde es als Fokusthema des vorliegenden Jahresberichts 2023 gewählt. Mehr dazu finden Sie hier.

Meilensteine bezüglich der äusseren, formalen Tertiarisierung sind insbesondere die Gründung der PH Graubünden an sich, die Modularisierung der Bachelor- und Masterstudiengänge, die Erst- und Wiederanerkennungen der Diplome durch die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und ‑direktoren (EDK), die Überführung in eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts, die Eröffnung des Erweiterungsbaus mit den Hörsälen und der Bibliothek, die institutionelle Akkreditierung als Hochschule sowie die Schaffung der ersten Professur.

Hochschulen bestehen aber nicht nur aus Beton, Papier und Strukturen, sondern aus einer spezifischen Kultur. Dementsprechend ging es in den letzten 20 Jahren vor allem auch darum, eine Hochschulkultur für die einzige dreisprachige Hochschule der Schweiz zu etablieren. Dieser Prozess kann als innere Tertiarisierung bezeichnet werden. An der PH Graubünden zeigt sich diese innere Tertiarisierung insbesondere anhand der inhaltlichen Weiterentwicklung und am Ausbau der Bachelor- und Masterstudiengänge, dem Wissenstransfer zwischen Forschung und Lehre sowie zwischen Lehre und Praxis, der aktiven Teilnahme am nationalen und teilweise auch internationalen Wissenschaftsdiskurs sowie einer auf die Bedürfnisse der Hochschule ausgerichteten, systematischen Nachwuchsförderung. Im Gegensatz zur äusseren ist die innere Tertiarisierung allerdings noch nicht abgeschlossen, was auf die noch ausstehenden Entwicklungen der Aufbau- und der Ablaufstrukturen, die notwendigen inhaltlichen Schwerpunkte der Strategie als auch auf die noch auszubauende Autonomie der Hochschule zurückzuführen ist.

Die PH Graubünden im Jahr 2023

Heute ist die PH Graubünden institutionell akkreditiert, bietet Bachelorstudiengänge für Kindergarten- und Primarlehrpersonen sowie Masterstudiengänge für Lehrpersonen der Sekundarstufe I und für Maturitätsschulen an. Ihre Studiengänge sind anerkannt, ihre Weiterbildungsangebote berücksichtigen die vielfältigen Bedürfnisse in den Schulen, ihre Forschungsresultate finden nationale und internationale Beachtung, sie nutzt den digitalen Wandel und entwickelt sich stetig als moderne Hochschule weiter. Heute bildet die PH Graubünden am Standort Chur 516 Studierende aus – und zwar auf Deutsch, Romanisch und Italienisch. In dieser Zahl sind die Studierenden der Kooperationsstudiengänge mit der PH St. Gallen (14) und der Hochschule für Heilpädagogik (24) am Standort Chur nicht enthalten. Eine solche Entwicklung hätte vor zwanzig Jahren kaum jemand für möglich gehalten. Wie lässt sich dieses Wachstum erklären?

Attraktiver Beruf und attraktives Angebot an der PH Graubünden

Die heutige Welt, in der wir leben, ist von ständigen Veränderungen geprägt. Megatrends wie die Globalisierung, die Urbanisierung, die Klimaveränderung oder die Digitalisierung stellen uns vor grosse gesamtgesellschaftliche Herausforderungen. Die gegenwärtigen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen werden zunehmend als volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig wahrgenommen. Junge Menschen wollen in dieser sogenannten VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) vermehrt Verantwortung übernehmen, sie suchen nach Sinnhaftigkeit in ihrem Tun und sie wollen mit ihrem Handeln einen Beitrag zugunsten der gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschaft leisten. Der Beruf der Lehrperson bietet ihnen diese Möglichkeit. Lehrpersonen prägen mit ihrer Arbeit die Gesellschaft von morgen, denn Unterrichten ist mehr als nur Vermitteln von Wissen. Lehrpersonen inszenieren Lerngelegenheiten, in denen der fachliche und überfachliche Kompetenzaufbau gefördert wird, Normen und Werte vermittelt werden und auf diese Weise die Persönlichkeitsbildung von jungen Menschen unterstützt wird. Natürlich ist es auch so, dass oftmals sehr viel einfachere Dinge den Ausschlag für eine Wahl der PH Graubünden als Studienort geben, wie beispielsweise das ausgebaute und erweiterte Studienangebot, die familiäre Kultur, welche sich insbesondere anhand der offenen Türen und kurzen Wege zeigt, die gelebte Mehrsprachigkeit sowie die Möglichkeit, ein zweisprachiges Diplom zu erwerben. Vielleicht ist es auch der Gebirgskanton Graubünden mit seinen Mehrklassen-Schulen in den verschiedenen Talschaften, welche die angehenden Lehrpersonen ansprechen und ihnen eine berufliche Perspektive eröffnen.

Herausforderungen für die kommenden Jahre – die Lehrerinnen- und Lehrerbildung der Zukunft

Die Entwicklung der PH Graubünden ist sehr erfreulich. Für die mit dem Wachstum der Studierendenzahlen zusammenhängenden Herausforderungen, wie beispielsweise das benötigte Personal für Lehre, Forschung, Dienstleistungen und Verwaltung, die erforderliche Infrastruktur oder die unausweichliche Zusatzfinanzierung konnten zwischenzeitlich gute, wenn auch zum Teil temporär befristete Lösungen gefunden werden.
Inwiefern die geplanten Anpassungen der bevorstehenden Teilrevision des Gesetzes über Hochschulen und Forschung (GHF) die Geschäfte der PH Graubünden beeinflussen und ob die angestrebten Anpassungen in Bezug auf die Kompetenzverteilung die erhoffte Wirkung hinsichtlich einer Erhöhung der Autonomie erzielen werden, wird sich indessen zeigen. Insbesondere das aktuell angebotene Portfolio der Studiengänge im Bereich Lehrerinnen- und Lehrerbildung lässt vorerst keinen weiteren sinnvollen Ausbau zu. Selbst wenn die PH Graubünden künftig zusätzliche Studienangebote entwickelte, anböte und etablierte, müssten hierzu die benötigten finanziellen Mittel durch die Regierung und den Grossen Rat genehmigt werden. Mit den geplanten Änderungen stünden dem Hochschulrat zwar weitreichendere Kompetenzen zu, Instrumente zur entsprechenden Umsetzung erhielte er derweil keine. Eine adäquate Infrastruktur nimmt für Hochschulen zunehmend eine wichtige Rolle ein. In diesem Sinne tun wir gut daran, die im Zuge der bevorstehenden Sanierung der heutigen Infrastruktur zu tätigenden Analysen sorgfältig durchzuführen und gleichzeitig auch den Mut aufzubringen, Bestehendes zu hinterfragen sowie neue Optionen zu denken und zu prüfen.
Im Innenbezug wird es in den kommenden Jahren darum gehen, die innere Tertiarisierung konsequent weiterzuentwickeln und dabei nebst den Sichtstrukturen (z.B. Methoden und Sozialformen) vermehrt die Tiefenstrukturen (Lehr- und Lernprozesse) zu fokussieren. Trautwein, Sliwka und Dehmel haben 2018 in ihrer Publikation «Grundlagen für einen wirksamen Unterricht» darauf hingewiesen, dass die Basisdimensionen der Tiefenstrukturen (kognitive Aktivierung, konstruktive Unterstützung und Klassenführung) die Qualität und Wirksamkeit des Unterrichts entscheidend beeinflussen. Dabei wird es weiterhin um folgende und ähnliche Fragestellungen gehen:

  • Wie können Lernende angeregt werden, Inhalte aktiv zu verstehen, zu erschliessen und dabei die angestrebten Kompetenzen aufzubauen?
  • Wie und unter welchen Bedingungen können Lehrpersonen ihre Schülerinnen und Schüler unterstützen, wenn Verständnisprobleme und Fragen auftreten?
  • Wie kann Unterricht gestaltet und gesteuert werden, damit die Schülerinnen und Schüler die Ziele des Unterrichts verstehen und erreichen, möglichst wenig Störungen auftreten, alle beim Lernen beteiligt sind und Unterrichtszeit somit effektiv genutzt werden kann?

Antworten auf diese Fragen finden sich in der Auseinandersetzung mit den entsprechenden Theorien und Konzepten, in den dazugehörigen empirischen Befunden, dem Verständnis in Bezug auf die entsprechenden Qualitätsmerkmale des guten Unterrichts sowie der wirksamen Förderung von Lernenden und schliesslich in der lebensweltlichen Praxis.
Im nächsten und in den folgenden Jahren wird es demnach um eine Konsolidierung der Angebote, eine Weiterentwicklung der Inhalte und eine Fokussierung auf die Lern-, Lehr- und Entwicklungsprozesse gehen.

Dank

Massgebend für den Erfolg der PH Graubünden ist die in verdankenswerterweise erfolgreiche Bewältigung der täglichen Herausforderungen durch die Hochschulangehörigen der PH Graubünden. Ebenso erhielt die Hochschule Unterstützung von verschiedenen Anspruchsgruppen. Insbesondere den Mitgliedern des Grossen Rates und den Mitgliedern der Regierung mit den Mitarbeitenden der dazugehörenden Ämtern gebührt unser aufrichtiger Dank. Sie haben im Jahr 2023 wesentlich zur Entwicklung von tragfähigen Lösungen beigetragen.

Weitere Themen, die Sie interessieren könnten